Joachim Adolphi

Struktur als Protokoll des Werdens


2.4.2 Mischung von flächigen und linearen Effekten: Riffel

Frage:

Haben die Riffel (oder „Rippel“ von englisch „ripples“) im Sand zufälligen oder systematischen Charakter? Und wenn systematisch: Wovon hängt ihre Struktur ab?

Jeder kennt die Riffel im Sand des Strandes an Ostsee und Nordsee und anderswo. Mancher hat sich vielleicht auch gewundert, dass Riffel häufig im Wasser und nur selten an Luft zu finden sind. Und noch seltener wundert sich einer über die Riffel der Wasseroberfläche: gemeint sind die Miniriffel, die sich viel langsamer bewegen als die Wellen (vergleichbar mit Sandriffeln auf Sanddünen?). Und absolute Ausnahme sind die vergleichend Staunenden über die eigenartig rhythmische Verformung der Spülsaumlinie bei längerfristig konstantem mittlerem Wellenschlag.

Was ist hier „linear“ und was „flächig“?

Gemeinsam an allen Erscheinungen ist, dass sich ein real dreidimensionales Medium in einer konstanten Richtung bewegt. Das Problem der Bewegung des Mediums ist also linear (also längs dieser Richtung) hinreichend beschreibbar.

Gemeinsam ist ebenfalls, dass es eine Grenzfläche gibt zwischen dem bewegten dreidimensionalen Medium und einem stehenden dreidimensionalen. Man kann und muss nun eine zweite Dimension bei der Beschreibung des Problems einführen, die senkrecht auf dieser Grenzfläche steht. Es entsteht ein Längsschnitt (längs der Bewegungsrichtung) des Systems Wasser/Sand oder Luft/Sand.

(Was quer zu dieser Ebene passiert, kann erst später gefragt werden, wenn man das Problem zweidimenional im Griff hat!)

Allen ähnlichen Problemen gemein ist, dass das bewegte Medium eine innere Reibung besitzt und dass eine Reibung zwischen dem bewegten und dem stehenden Medium besteht und dass auch das stehende Medium veränderbar ist, weil es aus diskreten Teilchen besteht, die ihre Plätze ändern können.

Hoppla: Das sind genau die Voraussetzungen für eine Rückwirkung der Wirkung auf die Ursache und also für die Berechtigung der Frage, ob es stabile, labile und instabile Zustände des Systems geben kann und wie die wohl aussehen müssen? Sind also Strukturen zu erwarten und welche und warum und unter welchen Bedingungen?

Man ahnt schon, dass das Thema die Zweidimensionalität der Beschreibung am Ende sprengen wird.

Bewegt sich ein flüssiges oder gasförmiges oder auch ein festes feinkörniges Medium über eine stehende Fläche, so kann man davon ausgehen, dass es keine starken „Sprünge“ der Teilchen-Geschwindigkeit senkrcht zur Ebene gibt: Der Fluss im Flussbett wird seine höchste Strömungsgeschwindigkeit an der Oberfläche und seine geringste am Grunde haben. Und wenn die innere Reibung überall gleich ist, so wird die Geschwindigkeits-Verteilung ziemlich linear sein (energetisch am günstigsten).

Kurzer Mathe-Einschub:

Nimmt man einen senkrecht eingemauerten Fluss mit ebenem Grund an, dessen Breite groß gegen die Wassertiefe ist, so darf man die Reibung am Rand vernachlässigen und den Durchfluss also als Summe von nach oben linear schneller werdenden Schichten ansehen, was zu einer quadratischen Abhängigkeit des Durchflusses vom Wasserstand führt. (Das kann man an Daten der Pegelwerte aktueller Meldungen wie denen über meinen Lieblingsfluss Müglitz https://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/hwims/portal/web/wasserstand-pegel-550940 nachvollziehen, wenn man dort den „Offset“ des Pegel-Nullpunkts eliminiert.)

Der Wind wird es über der Erdoberfläche sicher ähnlich machen. Aber das steht im WIDERSPRUCH zu den Beobachtungen in meiner Jugend, wo ich in den Sommerferien in Mecklenburg mit dem Paddelboot geseglt bin und pfiffig voraussehen konnte, wann die nächste Bö genutzt werden kann: Die Windriffel auf der Waser-Oberfläche kommen immer näher!

Aber STOP! Wohin geht die Luft, die jetzt hier ist und das Wasser NICHT kräuselt, wenn die Bö herkommt? Und wo bleibt die Luft, die jetzt zwischen der Bö und mir ist? Warum schiebt die Bö diese Luft nicht zu mir? Na klar, die Luft müsste sich deutlich verdichten, wenn plötzlich doppelt so viel im gleichen Raum sein sollte… Was also ist los? Beim Drachensteigen im Herbst war die Leine doch gleichmäßig gespannt? Und die Wolken fliegen doch auch gleichmäßig??

Die Lösung sind die wandernden Wirbel, die unsichtbaren. Es ist ganz einfach und doch höchst kompliziert. Man kann beim Umrühren in der Kakaotasse mit dem Löffel oder sogar dem Strohhalm leicht einen Wirbel erzeugen. Und man kann beobachten, wie zur Schwerkraft der Erde die Trägheitskraft der kreisförmig beschleunigten Bewegung (mit konstanter Umfangsgeschwindigkeit) hinzukommt und die Flüssigkeit ein neues Gleichgewicht findet, indem der Kakaostand nach außen hin zunimmt, bis die Hangabtriebskraft die Fliehkraft ausgleicht.

(In einem Park haben mal meine Enkel mit einer Kurbel einen Propeller in einem hohen dicken wassergefüllten Glaszylinder betätigt und die in der Mitte parabelförmig erscheinende Wasseroberfläche bestaunt.)

(Nach der Physik-Vorlesung über Wirbel haben wir zu Hause einen Pappkarton ordentlich kreisförmig ausgeschnitten und mit dem Rauch der Räucherkerzen das Zielen mit dem Rauchring geübt, bis wir bestimmte Kerzen am Weihnachtsbaum ausblasen konnten. Das ging zur Verwunderung der Familie dann auch ohne sichtbaren Rauch.)

Mit diesen Wirbeln kann man nun viele Gedankenexperimente machen. Dabei kommt man am Ende auf einige Gesetze und gedankliche Vereinfachungen:

Das letzte ist das für uns hier Interessanteste, denn die Wirbelschleppe hat eine ziemlich konstante Struktur, wie jeder schon mal am Himmel in den gleichmäßig periodisch ausgefransten Kondensstreifen gesehen um beim Bewegen einer pfeifenden Rute gehört hat.

Sind die Riffel so erklärbar? Na, da gibt es keinen Wechsel rechts-links, da gibts nur rauf und runter und dazwischen einen flach und quer zur Windrichtung liegenden Wirbel, der mit dem Nachbarwirbel irgendiwe klarkommen muss…

Start-up-Modellierung steht noch aus…

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