2.8.3.2.2 „Stationäre“ Spezialfälle der Rosetten
Gibt es neben dem „Sonnensturz“ (2.8.3.2.1) noch andere Spezialfälle?
Es wurde in 2.8.3.2 schon erwähnt, dass es „fast stationär eingestellte Figuren“ geben kann.
Wir wollen das hier näher untersuchen. Dazu soll immer ein Pärchen zum Vergleich eingezeichnet werden, nämlich die „echt stabilen“ Ellipsen im elastischen und „rein“ gravitativen Fall einer zentralen Punktmasse (also Exponenten +1 und -2 im rein radialen Kraftgesetz).
Man findet beim genüsslichen Spielen mit allen Parametern, dass es auch ein anderes Verhältnis von radialer Schwingung und azimutalem Umlauf geben kann, als bisher schon behandelt:
Die elastische Lissajoux-Ellipse hat auf einem Umlauf je zwei radiale Maxima [M/U = 2/1] und Minima (als eindimensionales „Pendel“ um die Nullage betrachtet wäre das eine einzige komplette Schwingung), die gravitative Kepler-Ellipse hat pro Umlauf nur ein Maximum („Apoapsis“) [M/U = 1/1] und ein Minimum (Periapsis).
Nun kann man für einen gegebenen Startpunkt Werte-Paare von Tangentialgeschwindigkeit und Kraftexponent finden, für die eine stationäre Rosette entsteht, bei der auf 3 Umläufe 2 Maxima entfallen [M/U = 2/3]. (Wie in jedem rotationssymmetrischen Feld kann es natürlich auch stabile Kreisbahnen geben, deren Verhältnis von Umlauf- und Maxima-Zahlen versteckt bleibt.) Hier eine solche Serie als Beispiel (die Werte von Geschwindigkeit und Exponent sind im Diagramm jeweils angegeben):
Diese Folge ist für (vorgegeben steigende) Start-Geschwindigkeiten spielerisch ermittelt. Man erkennt, dass für steigende kinetische Energie bei gleicher potentieller Startenergie der negative Kraftexponent ebenfalls steigen muss, damit der stationäre Fall des niedrig-rationalen Maxima-Umlauf-Verhältnisses von M/U=2/3 erhalten bleibt. Dazwischen (zwischen Beginn mit fallendem und mit steigendem Zentralabstand) muss natürlich auch eine „Kreisbahn“ (also Rosette mit konstantem Zentralabstand) existieren, die ihrerseits aber nicht von Kreisbahnen anderer Maxima-Umlauf-Verhältnisse unterscheiden werden kann:
Das rechte Bild passt zum obigen Verhältnis 2/3, das linke ist anders.
Auch das Verhältnis Maxima zu Umläufen von M/U=1/2 lässt sich einstellen:
Auch hier sieht man die systematische Entwicklung zum „Kreis“ hin, aber nicht zur Kepler-Ellipse.
Dass auch diese Figur (wie die Kepler-Ellipse) nur eine Symmetrie-Achse besitzt, liegt am Maxima-Umlauf-Verhältnis. Das obige erste Beispiel besaß, wie die elastische Ellipse, zwei Symmetrie-Achsen.
(Man darf bei den Überlegungen zur Ursache nicht vergessen, dass ein einzelner Umlauf im nichtrotierenden System grundsätzlich vorgegeben ist. Das erinnert an die schwierige Zählung der Umläufe bei Planetengetrieben, was man am einfachsten daran erkennt, wie schwer man sich tut, die Zahl der Umläufe eines 2-EUR-Stücks um ein festes anderes 2-EUR-Stück gedanklich zu ermitteln und auf der Tischplatte praktisch nachzuprüfen: Bei einem einzigen Umlauf dreht sich das umlaufende Stück zweimal bezüglich der festen Tischplatte, aber nur einmal – ein Umfang rollt auf dem gleichen anderen nur einmal „mechanisch“ und auch nur einmal bezüglich des mit seinem Mittelpunkt mitrotierenden Systems ab – das wäre beim Planetengetriebe der „Käfig“.)
Fazit: Die „Resonanz der Rosette zur Ellipse“ (immer vorhandene (!!!) zeitliche Synchronisation von radialer und azimutaler Schwingung wird auch räumlich synchronisiert) kommt nur in zwei Fällen von allein und also immer vor: Elastisch und gravitativ (oder in Spezialfällen des elektrischen Feldes). Alle anderen Ellipsen sind konstruierte Spezialfälle des Parametersatzes der Randbedingungen.
Ich wünsche allen Lesern und Mitdenkern viel Spaß beim Erknobeln weiterer „spezieller“ Beispiele!
Kommentare
Joachim Adolphi am Freitag, 3. Dezember 2021:
Damit es keine Missverständnisse gibt: Die Ellipsen im elastischen oder gravitativen Fall (mit Punktmassen) bleiben unabhängig von den Anfangsbedingungen (Ort, Geschwindigkeit) immer solche! Da muss man keine passenden Parametersätze – wie in dem obigen Abschnitt veränderter Kraftexponenten – suchen. Denn bei den „echten“ Ellipsen gilt: Das zeitliche Zusammenspiel von radialer und azimutaler Schwingung (d.h. der Periode der Änderung der Winkelgeschwindigkeit) ist NICHT von der Kleinen Halbachse abhängig, was schon Kepler aufgefallen war.