Joachim Adolphi

Struktur als Protokoll des Werdens


2.6.2.1 Wellenring-Minimalfläche

Kann man die Seifenblase in einem Wellenring selber richtig ermitteln? Wie kann man das ermittelte Ergebnis prüfen?

Wir wollen einmal ganz ausführlich vorgehen. Unsere Vermutung ist, dass eine Seifenblasenhaut, die sich in einem (anfangs ebenen) Kreisring, der parallel zu seiner Achse wellenförmig (ganzzahlige Perioden einer Sinusfunktion) aufgebogen wird, in der Mitte zeimlich weit zu einer Fast-Ebene glattzieht und außen an den Wellen so stark nach innen gekrümmt sein muss, wie sie entlang der Ringwellen tangential gekrümmt ist.

Man muss sich für unser (in anderen Abschnitten) erprobtes Verfahren des Einschwingens eines iterativen stabilen Zustands über die numerische Zeitintegration der Orte eines Netzwerkes nur klar werden, welche Randbedingungen man wählt und welche dynamischen Parameter günstig sind. (Letzteres ermittelt man experimentell…)

Für die Wahl der Parametrisierung der Diskretisierung der Seifenhaut durch finite Elemente ist die Entscheidung zwischen Polarkoordinaten und kartesischen zu treffen. In Polarkoordinaten ist die Ausgangssituation aus Symmetriegründen leichter zu beschreiben (wir haben es schließlich mit rotationssymmetrischen Gegebenheiten zu tun), in kartesischen ist die Integration (wir müssen schließlich senkrecht aufeinanderstehende Krümmungen vergleichen) leichter, was durch konstante Stützstellenabstände begründet ist, solange man nur kleine Abweichungen von der Ebene zulässt.

Für den Anfang nehmen wir ein quadratisches Ausgangs-Netz von 100 x 100 = 10.000 Punkten, das durch Federn konstanter (also längenunabhängiger) Kraft verbunden ist, und spannen es an dem Wellenring fest auf. Huch, geht das denn, sind die Punkte denn so identisch, dass sie zuordenbar sind? Nein, natürlich nicht, aber wir finden eine praktikable Näherungslösung:

Die Frage ist nämlich generell, was wir mit den übrigen Punkten als „Anfangsbedingung“ machen. Lassen wir die Wellen-Struktur des „äußeren“ Rings (als ständige „Randbedingung“) einfach nach innen linear abklingen, so haben wir eine komfortable Anfangsbedingung, aus der wir die zu betrachtende kreisförmige Grund-Fläche einfach rechnerisch durch einen Ursprung-Abstands-Vergleich mit dem Soll-Radius für die Berechnungen „ausschneiden“.

So sieht die Start-Situation dann aus:

Start mit der Anfangsbedingung 4 Wellen

Man erkennt sofort mit dem Bauch, dass das keine „Seifenhaut“ sein kann. Aber man erkennt auch, dass wir (bis auf den Mittelpunkt!) eine stetig differenzierbare Fläche geschaffen haben, mit der wir unsere gedämpfte Schwingung jedes der knapp 10.000 Punkte beginnen können.

Und so sieht das nach 500 Perioden aus:

Seifenhaut mit 4 Perioden Randwelle (rote Fläche ist z=0)

Es wäre nun zu prüfen, wie die senkrecht zueinander geschnittenen Profilkurven in ihrer Krümmung aussehen, denn die Existenzbedingung einer Minimalfläche lautet: Mittlere Krümmung ist überall Null! Schneidet man alles durch den Ursprung, erhält man aus Symmetriegründen gespiegelte Kurven, das ist trivial. Man muss also Schnitte nahe dem Rande senkrecht zueinander anfertigen und zweimal differenzieren, um die (analytische!!) Krümmung zu erhalten. (Die geometrische – hier die wesentliche! – ist etwas schwieriger zu errechnen, aber geht bei flachen Ansteigen in die analytische über.)

Hier das Ergebnis im Vergleich der radialen und tangentialen Krümmungen entlang der insgesamt 50 Ringe (Ringzahl ist die Abszisse):

 

Dieses Diagramm zeigt deutlich, dass sich beide Krümmungen überall aufheben und also eine stabile Endlage „gefunden“ worden ist.

Und hier die stark überhöhten Profile zwischen den Maxima und den Minima:

Für nur 2 Umfangsperioden (zweites Bild der folgenden Bilderserie) ergeben sich interessanterweise Parabel-Profile (die quadratische Parabel ist die Kurve konstanter Krümmung!!), wie die Trendlinien-Formeln in den Messergebnissen gut zeigen:

Man kann eine ganze Reihe von Wellenzahlen auf dem Umfang durcharbeiten, die Ansicht ist immer sehr ästhetisch:


Wie man gut erkennen kann, hat auch hier das Bauchgefühl recht: Je enger die Wellen am Rand, desto geringer ihre Reichweite.

Eine Frage bleibt noch: Wie reagiert das physikalisch modellierte und gleichzeitig ja immer noch numerische System mit weniger oder gar keiner Dämpfung, entstehen auch Wellen??


Hier schwingen einige Bereiche im Inneren auf, statt sich zur Ebene zu glätten. Das erinnert an schwingende Platten, deren Muster man durch feine Späne sichtbar machen kann.

Hält man den Rand nicht „fest“, legt sich das Ganze langsam nieder, wobei es – ungedämpft – auch noch eine nach innen laufende Welle und ein wenig Zappelmuster erzeugt:


Glaubt mir bitte, ein solches selbst gebasteltes Spielzeug ersetzt den Weg in den Spielzeugladen!

Nun müsste man kompliziertere Aufgaben für die Seifenblasen finden…

 

 

 

 

 

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