Joachim Adolphi

Struktur als Protokoll des Werdens


2.8.2 Untersuchungen zu geneigten Bahnen um dreiachsige Ellipsoide

Nach den Rotationsellipsoiden möchte man nun natürlich auch die dreiachsigen verstehen und dann auch die geneigten Bahnen, bevor man zu beliebig gestalteten Körpern übergeht (bei denen aber keine erkennbare „Struktur“ zu erwarten wäre, weshalb sie dann doch nicht hierher passen!). Zum besseren Verständnis der Ergebnisse sollte man aber eine 3-D-Ansicht erstellen, am besten in Schiel-Doppel-Optik (das gleiche Prinzip wie bei den Drahtmodellen der Kristalle, was ein wenig Übung voraussetzt):

Das Fernschielbild liegt „hinter“ dem Käfiggitter

Die Bahn schwebt „vor“ dem Gitter im Raum.


Wie kommt man nun zu diesen Trajektorien (die erzeugenden Ellipsoide sind hier nicht mit eingezeichnet, um die Bilder nicht zu überlasten)?

Zuerst einmal geht es wie im vorangegangenen Abschnitt zu. Für die bessere Vergleichbarkeit wählt man eine konstante Gesamtmasse, was bei konstanter Dichte einfach ein konstantes Volumen und beim dreiachsigen Ellipsoid also ein konstantes Produkt der drei Halbachsen (z B. gleich 1) bedeutet:

a * b * c = 1

Dann kann man a und b frei vorgeben und c ergibt sich daraus.

Wenn dann die Bahnen unterschiedlich sind, liegt es nicht mehr an absoluten Größen der Massen, sondern an relativen, also geometrischen Verhältnissen; und genau das wollen wir ja untersuchen.

Das Verfahren sieht also wiederum vor, für die auf der Umlaufbahn befindliche Probemasse den Einfluss sämtlicher Punkte (etwa 1 Million) der zentralen Masse in allen drei Koordinaten zu addieren und damit die Bahnänderung sukzessive (hier bis zu 10.000 Zeittakte zweimal integriert: Beschleunigung -> Geschwindigkeit -> Ort) hochzurechnen. Durch die Erkenntnis der Zusammenhänge der ebenen Drehung der Apsidenlinie im vorangegangenen Abschnitt, deren Ursache in einer NICHT kugelförmigen Zentralmasse lag, ahnen wir schon, dass wir bei einem schräg zur x-y-Ebene liegenden Startwert der Geschwindigkeit mit einer „echten“ 3-D-Bewegung zu rechnen haben, weil eine echte Präzession (Taumeln der Trajektorien-Ebene!) hinzukommen müsste (wie oben im zweiten Bild ja auch schon vorweggenommen). Deshalb ist die 3-D-Darstellung mit Sicherheit hilfreich. Wir stellen sie durch die einfache Überlegung her, dass wir zwischen unsere beiden Augen und das Objekt eine „durchsichtige“ (!) Ebene denken, auf die wir aus den zwei virtuellen Bildern durch unsere „Kuck-Strahlen“ – von jedem Auge getrennt für sich! – zum Objekt zwei relle Bilder „zeichnen“ und dann diese schielend betrachten, so dass sich beide überlagern können. Dann macht unser Gehirn damit das gleiche wie auch sonst immerzu: Es produziert einen 3-D-Eindruck von der Umgebung.

Wir benutzen den Strahlensatz:

Das Ergebnis sind einfache Gleichungen für die Koordinaten der Punkte P‘, die sich aus den Punkten P relativ zu ihrem Ursprung sowie den Abständen von Ursprung und Augen zur Projektionsebene ergeben:

x’l = (x-xal) * av/(av+ah-z) + xal

x’r = (x-xar) * av/(av+ah-z) + xar

y‘ = y * av/(av+ah-z)

Mit dieser einfachen Umrechnung (der PC macht das auch für 10.000 Zeitpunkte in Nullkommanichts!) erhält man aus einem Satz der Daten für das reale Objekt zwei Sätze für die beiden Bilder für unsere beiden Augen, wobei aus den drei Dimensionen des Objekts zwei Dimensionen für die Projektionsfläche geworden sind. Die erforderlich Arbeit der Augen für das jeweilige Fokussieren (in-Deckung-bringen von vermutlich zusammenhängenden Teilen des Objekts) erzeugt in uns die Gewissheit, es mit einem 3D-Objekt zu tun zu haben, auch wenn es virtuell ist.

Wie soll nun der Plan für vernünftig zu steigernde Schwierigkeiten des Trajektorien-„Experiments“ gestaltet werden?

Zuerst muss man das Modell an den uns schon bekannten Strukturen prüfen, nämlich an der Kugel und dem Rotationsellipsiod:

Grüne „Ersatz-Kugel-Bahn“ überdeckt die rote Ellipse um hier kugelförmiges Ellipsoid

Stationäre Ellipse steht schräg im Raum


Für die Kugel ist also alles in Ordnung. Auch dann, wenn die Bahn schräg im Raum steht, ist die rote Ellipse stationär (muss man jetzt glauben, dass die roten Ellipsen eigentlich „doppelt“ sind) und mit der gestrichelten grünen „Ersatz-Kugel“-Bahn identisch.

Für das Rotations-Ellipsiod um die z-Achse sollte bei vorhandener Bahnneigung (also echte z-Komponente der Startgeschwindigkeit, z.B. gleich der y-Komponente, also 45° zum Äquator) mit der typischen „ISS-Präzession“ um das Geoid gerechnet werden:

Präzedierende Ellipse (im Vergleich zur grünen Kugel-Ellipse)

im Raum zu sehen!


Auch für das Rotationsellipsoid ist alles in Ordnung: Das flache Ellipsoid mit gleicher Masse wie die Kugel hat erstens eine größere mittlere Anziehungskraft selbst bei geneigter Bahn und verhindert zweitens die Stationarität. Wir haben also richtig gerechnet und programmiert.

Für das dreiachsige Ellipsoid müssen nun die obigen Werte gesplittet erscheinen, denn x- und y-Halbachsen werden (zwischen rot und blau) vertauscht, die z-Halbachse bleibt dagegen erhalten:


Auf den ersten Blick versteht man das völlig verschiedene Verhalten der roten und blauen Bahnen nicht, denn sie starten am gleichen Ort mit der gleichen Geschwindigkeit um eine gleich große Masse. Aber wie schon beim Rotationsellipsiod sind ihre potentiellen Energien beim Start unterschiedlich, weil die Masse anders verteilt ist, was sich naturgemäß auf die Gesamtbilanz der Energie und ihren Anteil, der zwischen potentieller und kinetischer schwingt, auswirkt. Die grüne Ellipse der Kugelbahn muss man sich so hineingelegt denken, wie sie oben lag, denn die Vergleichs-Kugel hat sich nicht geändert.

Mit einer um die x-Geschwindigkeit erweiterten Eingabemöglichkeit kann man nun versuchen, eine der beiden Bahnen noch ähnlicher an eine Kreisbahn anzunähern und dann zu beobachten, was passiert. Die beiden Ellipsoide werden die beiden Bahnen sicher unterschiedlich beeinflussen, was im Vergleich kürzerer und längerer Zeiten gut zu sehen ist:


Bei der gegebenen etwas unsymmetrischen Startbedingung (für beide Bahnen gleich!) ergeben sich für die beiden senkrecht aufeinanderstehenden Ellipsoide bei längerer Zeit deutlicher zu sehende unterschiedlich gewickelte Bahnknäuel

Natürlich könnte man jetzt noch – wie bei technischen Zeichnungen – noch zwei weitere Ansichten im jeweils rechten Winkel erzeugen, aber ohne eine Erweiterung des ästhetischen Genusses brächte es keine neuen Erkenntnisse.

FAZIT:

Auch ohne relativistische Effekte einer endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit der Gravitationswirkung erhält man Perihel-Drehungen im 2D- und im 3D-Fall, die um so stärker wirken, je näher sich die Objekte kommen, weil erst in der Ferne der relative Unterschied von „vorn“ und „hinten“ des Massezentrums (aus der Sicht der Trajektorie) unwesentlich wird und dieses seiner veränderten Wirkung gemäß zur „Punktmasse“ degradiert wird.