Joachim Adolphi

Struktur als Protokoll des Werdens


Darstellung von Zahlenwerten

Eine spannende Frage ist die nach der angebrachten Darstellung der Genauigkeit von Zahlenwerten.

Das ist nicht für jeden ein Problem, denn nicht jeder ist sich bewusst, dass in der Darstellung einer Zahl ein Hinweis auf ihre Genauigkeit stecken kann.

Mein Lieblingsbeispiel für angehende Studenten:

Welchen Umfang hat ein Kreis von einem Meter Durchmesser?

Lieblingsantwort im Brustton der Überzeugung: Drei Meter vierzehn!

Wie kommen Sie darauf?

Umfang ist Pi mal Durchmesser!

Wie groß ist Pi?

3,14

Warum nehmen Sie Pi dreistellig?

Hab ich nur zweistellig genommen!

Nein, eine Stelle vor dem Komma, zwei danach, das macht drei Stellen!

Haben wir in der Schule so gelernt, alles mit zwei Komma-Stellen anzugeben!

Was wäre das dann in Millimetern?

3140 mm.

Ohne die zwei Nachkommastellen?

Ein Meter sind 1000 Millimeter!

Na gut, dann ist ein Meter auch eine Million Mikrometer. Da kann man Pi entsprechend genauer verwenden und den Umfang mit 3.141.593 um angeben! Meine Frage betraf aber nicht Mikrometer, sondern Meter, und da ist das richtige Ergebnis drei Meter und fertig.

Das ist aber ungenau!

Ja, genau, das ist ungenau, und zwar genau so ungenau wie die Angabe des Durchmessers in der Fragestellung.

Deshalb gibt es zwei einfache (eindeutig zu erkennende) indirekte Regeln,  eine Genauigkeit implizit darzustellen, ohne einen expliziten absoluten oder relativen Toleranz-Zusatz (1,0 m +- 0,2 m oder 1,0 m +- 20%) anhängen zu müssen:

Früher war das kein Problem, da hat man alles als Bruch angegeben, und aus der Größe des Nenners konnte man die Umgenauigkeit der Zahl ablesen: Pi ist zum Beispiel 22/7  auf ein Siebtel genau oder 4272943/1360120 auf etwa ein Millionstel genau angegeben. Oder noch eine andere Größe ist 277/359, das wäre schon etwas genauer als auf ein Dreihundertstel. Das Problem einer Digitalzahl ist die Notwendigkeit füllender Nullen, so dass man nicht weiß, ob sie Ergebnis einer Rechnung oder Messung oder nur füllend sind. Auch die Angabe „1000 mm“ sagt nicht, ob es gerundet 1000 mm oder „genau“ 1000 mm sind, auch nicht wie genau oder auf wieviel Stellen gerundet. Deshalb sollte ein verantwortlicher Zahlen-Lieferant die Genauigkeit implizit  (oder explizit, wie man das mit Toleranzen in der Füge-Technik sogar mit unterschiedlichen PLus- und Minuswerten macht) angeben.

Eine Gleitkommazahl hat eine Stelle vor dem Komma und so viele Nachkommastellen, wie ihrer Genauigkeit entsprechen. Dann sind 1,37 * 10² m eben rund 137 m (also mehr als 136,5 m und weniger als 137,5 m), hingegen 1,3 * 10² m rund 130 m (also mehr als 125 m und weniger als 135 m). Sind es tatsächlich zwischen 129,5 m und 130,5 m, so muss man 1,30 * 10² m schreiben, die füllende Null also hinzufügen als „echte“ Wertangabe.

Lässt man die Zehnerpotenz der Gleitkommazahlangabe weg, so kann es eben Missverständnisse geben. „1,0 * 10 hoch Null m“ wären zwischen 0,95 m und 1,05 m, „1 m“ aber zwischen 0,5 m und 1,5 m (was sollte dann da beim Kreisumfang ein cm?).

Es ist am Ende Gewohnheitssache…

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