2.5 Mischung von räumlichen und flächigen Effekten: Achate
Achate sind unverstandene Wunderwerke der Natur, die noch niemand nachgemacht hat. Deshalb ist es kein Wunder, dass es viele wüste Theorien über ihre Entstehung gibt.
An dieser Wüstenei will ich mich beteiligen.
Es geht ja schon bei der Begriffsbestimmung los („Definition“ kann man da wirklich nicht sagen):
„Achat ist mehrfarbig gestreifter Chalcedon.“ (Onyx ist zweifarbig gestreifter Chalcedon.)
„Chalcedon ist eine mikrokristalline Gefügevarietät des Minerals Quarz.“ Das ist schon besser.
Wer aber macht die Streifung? Entsteht sie zusammen mit dem Chalcedon oder erst später?
Warum beschäftigen sich so viele Leute allgemein mit Achat und so wenige ganz tiefgründig?
Achat (rissfrei, was selten der Fall ist!) war wegen seiner Härte und seiner Abriebfestigkeit (mikrokristallin!) früher ein begehrtes Material für Reibschalen, Lager u.a.m., unabhängig von seiner Farbe. Seiner schönen geschichteten Farbigkeit wegen war er ein wunderbares Material für geschickte Schleifer von Kunsthandwerks-Gegenständen, welche dann bei reichen Leuten landeten. Und noch früher waren die Feuersteine (Chalcedon!) doppelt wichtig: Für die ersten Feuerstellen der Menschen und für ihre scharfen Werkzeuge (der muschelförmige Bruch – also das Fehlen einer Vorzugsebene durch das Fehlen einer Schichtung – war hierfür entscheidend).
Die überaus variablen Erscheinungsformen des Achats machen ihn heute zum Sammelobjekt, weil seiner Vielfalt trotz allem Elemente innewohnen, die ein Wiedererkennen einer jeweiligen Grundform, also eine Zuordnung zu einem Fundpunkt ermöglichen.
Der besondere Reiz besteht (bewusst oder unbewusst) auch darin, dass dieses mehr oder weniger zufällige Spiel der Natur als Ausnahme und also als Besonderheit empfunden wird, denn streng genommen ist Achat nichts weiter als „getrocknetes Blut“ in den verschmutzten tektonischen Wunden der Berge, also im besseren (bunteren!) Fall schlicht „eitriger Grind“. In ganz seltenen Fällen ist dieser an sich alltägliche Grind dann wunderschön vielfarbig (zufällig tief unter der Erdoberfläche dem Spektrum des menschlichen Sehorgans angepasst, das seinen Spektralbereich wiederum aber dem Maximum der Sonnenstrahlenintensität über der Erdoberfläche angepasst hat) aufgebaut, so dass man sich beim Finden beschenkt fühlt. Von wem eigentlich? Vom Berggeist, einem unterirdischen Gesellen, der Verbindung zum Himmel haben muss, sonst würde er die Sonne ja nicht kennen können.
Zugegeben: Es gibt auch Spalten, die mit wirtschaftlich wertvolleren Sachen (Erzen) gefüllt sind, für deren Erforschung auch heute noch viel Geld ausgegeben wird. Quarz in der dreckigen Form des Achats interessiert heute keinen Wirtschaftsschwanz. Reinster Quarzsand für die Silizium-Herstellung oder gleichmäßig sortierter Sand für die Bauindustrie sind da etwas anderes.
Der Bergkristall als Ur-Symbol des Kristalls schlechthin ist hinreichend erforscht und wird für z.B. die Uhrenindustrie gezüchtet. Eigentlich könnte er auch für das Verständnis der Achatgenese viel Gutes beitragen, aber Bergkristall- und Achatsammler sind zwei Pole einer Reihe. Dabei könnte sie verbinden, dass die meisten Moleküle ihrer Lieblinge identisch sind: Siliziumdioxid. Auch petrologisch (Petrologie ist die Gesteinskunde) haben Bergkristall und Achat Ähnlichkeiten, denn beide können aus Verwitterungsprodukten komplexer Silikate entstehen.
Niemand wundert sich mehr über das Nebeneinander von Quarz und Calcit in Zerrklüften der Alpen oder Amethystdrusen Südamerikas, niemand wunder sich über versteinerte Muscheln, Seeigel, Knochen oder Bäume, niemand wundert sich über Pseudomorphosen das Quarzes nach diversen anderen Mineralien. Es wundert sich auch niemand über die verkieselten Gesteinsrisse, nicht mal über die verkieselten Risse im Achat. Und auch niemand wundert sich über die Umgebung der „Donnereier“ im rhyolithischen Porphyr, die eine mit dem Abstand abnehmende Verkieselung aufweist (und deshalb auch unversehrt mit Gewalt – per Bagger in St. Egidien! – geborgen werden können). Aber alle wundern sich über versteinerte Wasweißichs, wenn sie gestreift sind. Versteht man das? Lässt Schönheit den Verstand aussetzen? Wehrt sich das Gefühl gegen den nüchternen Verstand, um nicht „Grind“ sagen zu müssen?
Hier wollen wir einigen Irrtümern den Garaus machen, um durch Ausschlussverfahren der Genese des Achats näher kommen zu können. (Übrigens haben wir in den vorangegangenen Gliederungspunkten genau deshalb so viele Modellierungen zu „Strukturen“ gemacht!)
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