Joachim Adolphi

Struktur als Protokoll des Werdens


3.1 Tonleiter-Sequenz

Die einfachste Sequenz ergibt sich aus je vier Tönen der Tonleiter, am leichtesten nachzuempfinden in der Kadenz, die im Quintenzirkel abwärts (nach links) läuft.

Man fängt also auf der Quinte an, die man ja sozusagen der Doimante zuordnen kann, weil sie deren Grundton wäre.

Beginnen wir in A-Dur (4 Achtel und eine Halbe im 4/4-Takt):

e“ – d“ – cis“- h‘- a‘ (aushalten) (A-Dur)

a‘ – g‘ – fis‘ – e‘ – d‘ (aushalten) (das g‘ – statt gis‘! – hat als Septime des Dominant-Septakkordes auf A zu D-Dur übergeleitet, wo es als Quarte – Leitton! – zur Terz zieht)

d‘ – c – h – a – g (G-Dur)

g – f – e – d – c (C-Dur)

c – B – A – G – F (F-Dur)

F – Es  D – C – Bb (B-Dur)

Wir sehen, dass wir überhaupt keine Kunstgriffe brauchen außer einer rhythmischen Anpassung (ginge auch im 3/4-Takt mit 4 Achteln und einer Viertel), um den gesamten Quintenzirkel als Begleitung zu einer Abwärtsfolge an Tönen anzuwenden. Das ist die einfachste Kadenz, die es gibt, erweiterbar „bis ultimo“.

Einfacher geht’s nicht!

(Die Aufwärts-Tonleiter funktioniert auch, wirkt aber nicht auflösend, sondern Spannung aufbauend… Wichtige psychologische Erkenntnis zum Unterschied der beiden Richtungen im Quintenzirkel.)

Man kann natürlich statt der einfachen Tonleiter auch andere Tonfolgen nehmen, die man sequentiell verschoben wiederholt (auf der Gitarre wird das „Riff“ genannt). Das geht natürlich beliebig kompliziert, ändert aber nichts an der harmonischen Modulation an sich.

Einfaches ad-hoc-Beispiel, das auch gleich harmonisch am Quintenzirkel gespiegelt wird (Beginn in C-Dur, mit jeweils im zweiten Taktteil zur Triole begleitendem Dominantseptakkord ):

g‘ — d‘-e‘-f‘ — e‘ — c‘ (Viertel, Achtel-Triole, Viertel, Viertel)

c‘ — g-a-b — a — f (F-Dur)

f — c-d-es — d — B (B-Dur)

gespiegelt:

g‘ — d‘-e‘-f‘ — e‘ — c‘ (Viertel, Achtel-Triole, Viertel, Viertel)

d‘ — a-h-c‘ — h — g (G-Dur)

a — e-fis-g — fis — d (D-Dur)

Hier wurde beim Taktwechsel jeweils ein Ganzton nach oben gewechselt, weshalb jetzt der Quintenzirkel aufwärts (rechts herum) durchlaufen wird.

Man spürt auch hier beim Ausprobieren die unterschiedliche Wirkung auf die Psyche: abwärts entspannend, weil aus der Dominante zur Tonika „auflösend“, aufwärts spannungserzeugend, weil quasi jedesmal zur Duodominante springend, die eigentlich wieder in zwei Schritten aufgelöst werden müsste, aber der nächste Sprung erfolgt ja bestimmt schon nach dem ersten Schritt…

Wenn man genau hinschaut, ist diese Harmonik in der diatonischen Dur-Tonleiter schon enthalten, wenn man sie in zwei gleiche Teile splittet:

c-d-e — f (Tonika-Triole als Anlauf zur Subdominante, e als Leitton zu f wird von der Tonika-Terz zur Subdominant-Septime umgedeutet und führt zum f als neuem Grundton)

g-a-h — c (nach Sprung von der Subdominante f zur Dominante g und gleiche relative Abfolge wie oben)

Jetzt erscheint die Tonleiter also als aus zwei in sich harmonisch äquivalenten Hälften zusammengesetzt, und beide benachbarte Tonarten sind als gefühlter Begleithintergund beteiligt! Die Tonleiter führt also selbst zu einer zyklischen Auflösung mit vorheriger Zwischen-Auflösung, was über viele Oktaven fortgesetzt werden kann.

Also weiter in den nächsten Abschnitten…

ÜBUNGSAUFGABEN

1. Variiere die obigen einfachen Beispiele zu einer „schöneren“ Melodie, die nicht nur einfach einen „Riff“ darstellt.

2. Überlege dir einen Rückweg zur Grundtonart!

 

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