Joachim Adolphi

Struktur als Protokoll des Werdens


2.7.2.2 Gefüge mit mehr als zwei Bestandteilen

Im vorigen Abschnitt wurden die ersten Ansätze des dynamischen „Gefüge“-Gedankens vorgestellt, wenn sich nämlich in einer „Matrix“ eine neue „Phase“ entwickelt. Dort war es so, dass sich in einem fast homogenen festen Medium ein anderes festes Medium gebildet hat (alles isotrop).

Wie ist es aber, wenn aus einer Schmelze, in der sich viele Stoffe befinden, durch Abkühlung der Reihe nach verschiedene Kristalle abscheiden? Die ersten (also die Stoffe mit dem höchsten Schmelzpunkt) haben es gut, denn sie können sich „idiomorph“ (der eigenen idealen Gestalt entsprechend) im Raum entwickeln. Die folgenden müssen dann schon „Rücksicht“ nehmen, und die letzten können nur noch die Zwickel ausfüllen, sie sind dann „xenomorph“ (haben eine fremdbestimmte Gestalt).

Gibt es nur zwei Bestandteile, ist schon der zweite der „Letzte“. Das krasseste mineralogische Beispiel sind sicher die idealen und hochglänzenden Pyrit-Würfel im Muttergestein aus dem spanischen Navajun. In den kristallinen Geschieben dagegen fallen große Feldspatkristalle auf, sowohl im Granit als auch im Porphyr (und natürlich auch im Gneis).

Navajun-Pyrit im Anstehenden

Granit (2016 Ahrenshoop) mit riesigen weißen Feldspäten

Porphyrischer Granit mit idiomorphen Feldspat-Kristallen (2016 Ahrenshoop)


Dieses Gebiet des „Kreislaufs der Gesteine“ ist deshalb so hoch komplex, weil die Metamorphose eine große Rolle spielt. Und das kann sie deshalb, weil die überall mitspielende Kieselsäure die unterschiedlichsten komplexen Strukturen mit sehr vielen anderen Oxiden (beginnend sogar beim Wasser!) bilden kann: die schier unendliche Welt der silikatischen Mineralien. In Abhängigkeit von eingegrenzten Temperatur- und Druck-Bereichen sind die unterschiedlichsten Verbindungen stabil, und ihre Umwandlungsgeschwindigkeit beim Verlassen dieser Bereiche sind (wegen der enormen Komplexität der Gitterstruktur) äußerst langsam, so dass wir es an der Erdoberfläche häufig mit Gesteinen zu tun haben, die „eigentlich“ dort gar nicht existieren dürften. (Das macht den Steinmetzen oft die Arbeit schwer, weil nach ein paar Jahren Änderungen an ihren Arbeiten auftreten, die aus ihrer Sicht ungewollt waren!)

 

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