Joachim Adolphi

Struktur als Protokoll des Werdens


2.10.4 Erdwärme

Kann man verstehen, warum es im Erdinneren so warm ist? Wer heizt denn dort??

Es gibt viele Hypothesen, bis hin zu radioaktiven Ursachen.

Wie immer stellen wir uns einfach mal ganz dumm und stellen uns vor, da wäre keine Erde, sondern nur ein Haufen kleiner Klumpen im Weltall. Ganz wenig ziehen diese sich gegenseitig an, bewegen sich aufeinander zu und bleiben nach einem unelastischen Stoß (können auch viele teilelastische sein, denn sie bewegen sich jedesmal neu aufeinander zu) aneinander haften. Ihre kinetische Energie, die sie aus dem Schwerepotential gezogen haben, wandelt sich in Wärmeenergie um.

Lassen wir erst einmal eine Abstrahlung der Wärme ins Weltall weg, bleibt die Wärmemenge erhalten und verteilt sich auf die gesamte Masse. Nun kommen immer weitere Klumpen dazu, das Ganze wird dicker und wärmer, da ja jedesmal das Schwerepotential steigt.

Diesen Prozess zerlegen wir (wir sind faul und geschickt, wir kennen das) am günstigsten in den schrittweisen Aufbau einer Kugel aus lauter Kugelschalen, damit uns das Summieren (numerische oder analytische Integrieren!) leichter fällt.

Jede neue Schicht (Kugelschale der Dicke dR und des Radius R) hat dann das Volumen

dV = 4*pi*R²*dR

und ihre Masse ist (mit rho als Dichte)

dm = dV*rho

Die kinetische Energie aller Klumpen beim Aufprall entspricht betragsmäßig ihrer potentiellen, wenn sie von weit weg kommen, was wir ja anfangs angenommen haben. Diese potentielle Energie dWpot ist dem Potential an der Oberfläche der wachsenden Kugel und der eigenen Masse proportional, also (mit G als Gravitationskonstante)

dWpot = dm*Pot = dV*rho*G*m/R = 4*pi*R²*dR*rho*G*4*pi/3*R³*rho/R

dWpot = 16/3*pi²*G*rho²*R^4*dR

Integriert man das über dR (man kann das hier ausnahmsweise auch einmal analytisch, weil wir die Teilmassen so geschickt gewählt haben!), so erhält man

Wpot = 16/15*pi²*rho²*G*R^5

In Zahlen sind das etwas über 2*10^32 Ws, wenn man für rho etwa 5,5 g/cm³ und für G 6,7*10^-11 m³/(kg*s²) sowie für R 6.340 km einsetzt.

Teilt man diese Energie auf die Erdmasse mit einer spezifischen Wärme (etwa 1 kJ/(kg*K)) auf, erhält man eine mittlere Temperatur der Erde von

Tm = 37.500 K.

Macht man das Ganze mit etwas mehr Aufwand schichtweise, so erhält man für die Oberfläche der Erde mehr als 60.000 K! (Kein Wunder, dass die Meteoriten verglühen und viel Energie abstrahlen… )

Wie wir wissen, ist es aber genau umgekehrt: Im Erdinneren ist es heiß, an der Oberfläche angenehm kühl.

Das hat seine Ursache darin, dass es natürlich auch

– eine Abstrahlung von Wärme-Energie ins Weltall (schon beim Auftreffen der neuen Schalenteile als auch ständig hinterher)

– eine Wärmeleitung im Erdinneren

gibt. Es hat sich also ein nahezu „stationärer Zustand“ der Temperaturverteilung eingestellt, der im Erdinneren allerdings in der flüssigen Schicht zu Konvektionszellen führt, die neben ihrer eigenen Dynamik auch noch der Erdrotation ausgesetzt sind.

Zu diesem beinahe (auf ein Menschenalter bezogen) stationären Zustand gehört heute ein konstanter Wärmestrom nach außen, der knapp 100 mW/m² beträgt. Bei einem Temperatur-Gradienten von etwa 3K/100m bedeutet das, dass der Wärmeleitwert lambda etwa 3 W/(K*m) betragen muss, was ziemlich gut mit dem Wert von Granit übereistimmt.

Würde die gesamte gravitative Energie der Erde mit diesem Wärmestrom abgetragen werden müssen, so betrüge die charakteristische Abkling-Zeit etwa 250 Milliarden Jahre. Änderungen an dieser Zeit können wir vornehmen:

Daraus folgt auch, dass genauere Überlegungen zum Anteil der umgewandelten kinetischen Energie der ankommenden „Meteoriten“ für den heutigen Zustand der Temperatur an der Oberfläche nicht wesentlich sind. Da im Umkehrschluss aber bei einem Alter der Erde von etwa 4,5 Milliarden (statt wie oben 250 Milliarden) Jahren davon ausgegangen werden muss, dass es tatsächlich andere Energieverluste gegeben haben muss, kann man nun über diese spekulieren. An erster Stelle steht dabei bestimmt ein Strahlungsverlust beim Verglühen in der dichten Atmosphäre oder durch starke Erhitzung verdampften Oberflächenmaterials, das seinerseits Wärme abstrahlt.

Alle weiteren Überlegungen gehören ins Ressort „Klima„, weil eben die Atmosphäre und die Weltmeere im intensiven Austausch mit dem All (Verlust) und der Sonne (Gewinn) stehen. Nur mit der Wärme aus dem Erdinneren wäre die weltweit mittlere Temperatur statt 16°C grob geschätzt nur etwa die vierte Wurzel aus Erdwärmeleistung/Sonnenwärmeleistung = 1/3400, also etwa 1/7,4 der heutigen, also (273+16)K/7,6 = 38 K, wenn man allein über das T-hoch-4-Gesetz rechnet. Puh!! (Hier ist als Näherung angenommen worden, dass es für die Wärmeleitung nicht sehr wesentlich ist, ob es von über 5000 K auf 289 K oder 38 K runter geht…)

 

Kommentare

Joachim Oelschlegel am Mittwoch, 28. Juli 2021:

Einer meiner Bekannten behauptete, dass die Klimaerwärmung auch durch die Wärmeabgabe aus Kraftwerken, Haushalten, Verbrennungswärme von Motoren usw. stamme. Lieber Jochen, kannst Du überschlägig berechnen, welchen Anteil diese Wärme täglich pro m² hat. Ich vermute, dass dieser Anteil im %%-Bereich zur Sonne liegt. Damit ist die Klimaerwärmung vermutlich nicht zu erklären und CO2 das richtigere Argument.

Joachim Adolphi am Mittwoch, 28. Juli 2021:

Lieber Joachim, in diesem Abschnitt geht es um die Erdwärme, also um ded Wärmeinhalt der gesamten Erdkugel, nicht um den Klimawandel der Atmosphäre. Dazu gibt es einen anderen Abschnitt.
Grundsätzlich kann man aber sagen, dass sämtliche Energie der fossilen Rohstoffe am Ende in Wärme übergeht, und sei es in Reibungswärme. Man muss also nur die Fördermenge pro Tag (aus den Daten der einschlägigen Internetseiten entnommen) mit ihrem Energieinhalt multiplizieren und hat den gesuchten Wert, wenn man ihn noch durch die Erdoberfläche in m² dividiert.
Wenn man das dann mit der Solarkonstante vergleicht, kommt sehr wenig heraus.
Die Lösung liegt aber erst in der hochkpomplexen Betrachtung aller Austausch-Komponenten, wozu auch die Abstrahlung über das T-hoch-vier-Gesetz, die wellenlängenabhängigen Absorptionen und Reflexionen an den Gasen der verschiedenen Schichten der Atmosphäre, der Wolken und Eisflächen usw. usf. gehören.
Dein „Bekannter“ verniedlicht das Problem genauso wie Du, wenn Du als Antwort nur auf CO2 verweist.
Es geht um die Veränderung von Gleichgewichtspunkten mehrerer gleichzeitiger Austauschprozesse unterschiedlicher Zeitkonstanten, wobei diese Prozesse zum „Abschalten“ einiger Komponenten jenseits von „Kipp-Punkten“ führen können, was die Vorhersage so kompliziert macht. Bitte mal im Punkt 2.10.5 weiterlesen, der noch untersetzt werden soll…
LG JA

Kommentar abgeben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert