2.10.4 Erdwärme
Kann man verstehen, warum es im Erdinneren so warm ist? Wer heizt denn dort??
Es gibt viele Hypothesen, bis hin zu radioaktiven Ursachen.
Wie immer stellen wir uns einfach mal ganz dumm und stellen uns vor, da wäre keine Erde, sondern nur ein Haufen kleiner Klumpen im Weltall. Ganz wenig ziehen diese sich an, bewegen sich aufeinander zu und bleiben nach einem unelastischen Stoß (können auch viele teilelastische sein, denn sie bewegen sich jedesmal neu aufeinander zu) aneinander haften. Ihre kinetische Energie, die sie aus dem Schwerepotential gezogen haben, wandelt sich in Wärmeenergie um.
Lassen wir erst einmal eine Abstrahlung ins Weltall weg, bleibt die Wärme erhalten und verteilt sich auf die gesamte Masse. Nun kommen immer weitere Klumpen dazu, das Ganze wird dicker und wärmer, da ja jedesmal das Schwerepotential steigt.
Diesen Prozess zerlegen wir (wir sind faul und geschickt, wir kennen das) am günstigsten in den schrittweisen Aufbau einer Kugel aus lauter Kugelschalen, damit uns das Summieren (numerische Integrieren!) leichter fällt.
Jede neue Schicht (Kugelschale der Dicke dR und des Radius R) hat dann das Volumen
dV = 4*pi*R²*dR
und ihre Masse ist (mit rho als Dichte)
dm = dV*rho
Ihre kinetische Energie beim Aufprall entspricht der potentiellen, wenn sie von weit weg kommt, was wir ja anfangs angenommen haben. Diese potentielle Energie dWpot ist dem Potential und der Masse proportional, also (mit G als Gravitationskonstante)
dWpot = dm*Pot = dV*rho*G*m/R = 4*pi*R²*dR*rho*G*4*pi/3*R³*rho/R
dWpot = 16/3*pi²*G*rho²*R^4*dR
Integriert man das über dR (man kann das hier ausnahmsweise auch einmal analytisch, weil wir die Teilmassen so geschickt gewählt haben!), so erhält man
Wpot = 16/15*pi²*rho²*G*R^5
In Zahlen sind das etwas über 2*10^32 Ws, wenn man für rho etwa 5,5 g/cm³ und für G 6,7*10^-11 m³/(kg*s²) sowie für R 6.340 km einsetzt.
Teilt man diese Energie auf die Erdmasse mit einer spezifischen Wärme (etwa 1 kJ/(kg*K)) auf, erhält man eine mittlere Temperatur der Erde von
Tm = 37.500 K.
Macht man das Ganze mit etwas mehr Aufwand schichtweise, so erhält man für die Oberfläche der Erde mehr als 60.000 K.
Wie wir wissen, ist es aber genau umgekehrt: Im Erdinneren ist es heiß, an der Oberfläche angenehm kühl.
Das hat seine Ursache darin, dass es natürlich auch
– eine Abstrahlung von Wärme-Energie ins Weltall (schon beim Auftreffen der neuen Schalenteile als auch ständig hinterher)
– eine Wärmeleitung im Erdinneren
gibt. Es hat sich also ein nahezu „stationärer Zustand“ der Temperaturverteilung eingestellt, der im Erdinneren allerdings in der flüssigen Schicht zu Konvektionszellen führt, die neben ihrer eigenen Dynamik auch noch der Erdrotation ausgesetzt sind.
Zu diesem beinahe (auf ein Menschenalter bezogen) stationären Zustand gehört heute ein konstanter Wärmestrom nach außen, der knapp 100 mW/m² beträgt. Bei einem Temperatur-Gradienten von etwa 3K/100m bedeutet das, dass der Wärmeleitwert lambda etwa 3 W/(K*m) betragen muss, was ziemlich gut mit dem Wert von Granit übereistimmt.
Würde die gesamte gravitative Energie der Erde mit diesem Wärmestrom abgetragen werden müssen, so betrüge die charakteristische Zeit etwa 250 Milliarden Jahre. Änderungen an dieser Zeit können wir vornehmen:
- erstens war am Anfang die Abstrahlung viel höher (T-hoch-4-Gesetz), es ging also schneller
- zweitens war am Anfang die Erde auch kleiner, es ging also schneller
- drittens kommt etwa hälftig ein radioaktive Zerfallsenergiestrom hinzu, es dauert also länger
- viertens kommt von der Sonne ständig Energie zur Erdoberfläche, die im Mittel für die gesamte Erdoberfläche etwa 340 W/m² beträgt, woraus folgt, dass die heutige Oberflächentemperatur der Erde im wesentlichen vom Strahlungsgleichgewicht bestimmt wird und NICHT vom Wärmestrom aus dem Inneren
Daraus folgt auch, dass genauere Überlegungen zum Anteil der umgewandelten kinetischen Energie der ankommenden „Meteoriten“ für den heutigen Zustand der Temperatur an der Oberfläche nicht wesentlich sind. Da im Umkehrschluss aber bei einem Alter der Erde von etwa 4,5 Milliarden (statt wie oben 250 Milliarden) Jahren davon ausgegangen werden muss, dass es tatsächlich andere Energieverluste gegeben haben muss, kann man nun über diese spekulieren. An erster Stelle steht dabei bestimmt ein Strahlungsverlust beim Verglühen in der dichten Atmosphäre oder druch starke Erhitzung verdampften Oberflächenmaterials, das seinerseits Wärme abstrahlt.
Alle weiteren Überlegungen gehören ins Ressort „Klima„, weil eben die Atmosphäre und die Weltmeere im intensiven Austausch mit dem All und der Sonne stehen. Nur mit der Wärme aus dem Erdinneren wäre die weltweit mittlere Temperatur statt 16°C grob geschätzt nur etwa die vierte Wurzel aus 1/3400, also etwa 1/7,4 der heutigen, also (273+16)K/7,6 = 38 K, wenn man allein über das T-hoch-4-Gesetz rechnet..
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