Physik und Philosophie
Physik und Philosophie – wie passt das zusammen?
Die Philosophie beschäftigt sich mit unserem Verhältnis zur Natur im weitesten Sinne, also uns selbst und „das Leben an sich“ eingeschlossen. Das heißt auch, dass die Philosophie nach Antworten auf die Frage sucht, wer wir sind und wie wir die Welt und uns selbst in dieser Welt sehen und verstehen können.
Das klingt manchmal so, als ob sich da „die Katze in den Schwanz“ beißt, und so ist es ja auch tatsächlich, wenn sich ein selbstreflektierendes System selbst zu reflektieren sucht.
Das geht bei den sehr einfachen Fragen nach Raum und Zeit los, auf die es nur sehr abstrakte physikalische und abstrakte pbhilosophische Antworten gibt, obwohl sich jedes Tier und jeder Mensch in Raum und Zeit zurecht finden.
Stellt man sich ganz naiv und sieht man sich Raum und Zeit genauer an, so findet man, dass beide keinen vernünftig zu definierenden Nullpunkt besitzen. Fürbeide aber haben wir genaue Vorstellungen von Intervallen, oder genauer gesagt, von Zeitspannen (zeitliches Intervall) oder Abständen (räumliches Intervall). Die „Skalierung“ von Raum und Zeit ist also vom „Intervall-Typ“, was insbesondere heißt, dass man Verhältnisse nur aus ihren Intervallen bilden kann. Man darf also sagen: „Halte bitte den doppelten Abstand zu mir wie sonst!“ (Corona!) oder „Schaffe das bitte in der halben Zeit!“ Für ein Intervall ist die Lage des Nullpunkt ohne Belang, denn unabhängig vom Koordinaten-Ursprung xo gilt für den Abstand zwischen den Punkten x1 und x2:
(x1-xo) – (x2-xo) = x1 – x2
und für die Zeitspanne von t1 bis t2:
(t1-to) – (t2-to) = t1 – t2
Eine interessante Gleichung ist die Gleichung, die eine elastische Welle beschreibt:
d²y/dt² = – k/m * d²y/dx²
In dieser Gleichung ist es egal, ob x oder t positiv oder negativ sind oder noch genauer, ob ich die x- oder die t-Achse spiegele. Man nennt das „Invarianz“.
Die Gleichung besagt, dass die zeitliche Änderung (genauer die Beschleunigung einer Masse über eine elastische Kraft als „Zweite Ableitung nach der Zeit“) der elastischen Auslenkung eines Massepunktes mit dem Unterschied der Richtungen zu den beiden Nachbar-Massepunkten („zweite Ableitung nach dem Ort“, also Krümmung) verknüpft ist.
Was nun mit den Massepunkten passiert, hängt ganz von der geometrischen Verteilung dieser Massepunkte (und ihren Geschwindigkeiten) zum Startzeitpunkt ab. (Im Wellen-Abschnitt sind dazu Beispiele exakt vorgerechnet.)
Hier interessiert uns aber der philosophische Aspekt.
Ist die Startgeometrie selber eine harmonische, so kommt eine „stehende Welle“ zustande, die in ihrem Zeitablauf gespiegelt werden kann. Ist die Startgeometrie aber nicht harmonisch, so bewegt sich die Welle im Raum fort, und die „Zeit“ bekommt eine „Richtung“, die logischerweise mit dem „Raum“ verknüpft ist.
Hm.
Wir haben nichts über Relativitätstheorie gesagt und trotzdem einen Zusammenhang gefunden, der je nach Startgegebenheit die Verbindung von Raum und Zeit unterschiedlich gestaltet. „Unterschiedliche Symmetrie“ sagt der Physiker dazu.
Da der Unterricht in der Schule auf dem Alltagswissen aufbauen muss, lernen wir die „stehende Welle“ als Sonderfall der Überlagerung zweier gegenläufiger Wellen gleicher Amplitude und Ausbreitungsgeschwindigkeit (also zweier aus dem Alltag bekannter Wellenerscheinungen) auswendig. Physikalisch sind aber die „Alltagswellen“ viel schwieriger und jede für sich ein Sonderfall der „Brechung von Symmetrien“, während die stehende Welle der „reine“ Fall ist.
Schon aus diesem einfachen Zusammenhang erkennen wir, dass unsere Begriffe von Zeit und Raum ohne Bezug zu einer Bewegung im Raum ihren Sinn verlieren. Das Ticken einer Uhr können wir dann mit der ersten Bewegungs-Erfahrung der kindlichen Hände (zu einem Spielzeug zum Beispiel) verknüpfen und einen halbabstrakten Zeitbegriff entwickeln. (Den haben auch die Tiere im Zusammenhang mit Bewegungen, wie einige Experimente zeigen. Damit ist nicht die „innere Uhr“ für Tages- oder Jahreszeiten gemeint!) Das ist selbst für kleine Schulkinder noch schwierig, wie die Frage „Wie lange noch?“ auf der unbekannten Route in den Urlaub beweist.
Das, was dann die Kosmologie mit Raum und Zeit macht, bewegt sich in physikalischen Zuständen, die mit unserem Alltag nichts zu tun haben. Die gehören nicht hierher. Schon die einfachen Begebenheiten rund um unsere Erde können da den Alltagsverstand auf eine harte Probe stellen.
Wenn schon die einfache philosophische Frage nach den physikalischen Größen Raum und Zeit so einfache „Fallen“ enthält, was soll da erst passieren, wenn wir uns Begriffen wie „Sinn“ oder „Ziel“ zuwenden würden? Schon die Physik kann uns jedenfalls davor bewahren zu glauben, philosophische Antworten könnten leicht verständlich sein.