Joachim Adolphi

Struktur als Protokoll des Werdens


2.4.2.4 Spülsaum im Hin-und-Her der Wasserwellen

Frage:

Unterscheidet sich die Genese der manchmal zykloidenförmigen Spülsaum-Struktur am Strand wesentlich von den Sandriffeln? Kann man sie erklären oder gar modellieren?

Nur wenigen Menschen scheint es bisher aufgefallen zu sein, dass bei einer längere Zeit konstanten Dünung regelmäßige Strukturen des Spülsaums auftreten. (Sonst würde man bei Google mit Sicherheit Bilder davon beim Stichwort „Spülsaum“ oder „Strandlinie“ oder „Wasserlinie“ usw. usf. finden.)

(Irgendwann habe ich das schon fotografiert, ich muss es nur noch finden! Manchmal sammeln sich in diesen kleinen Ablaufkanalbuchten durch natürliche Sortierprozesse auch Teilchen anderer Dichte mit anderer Farbe, so dass sie doppelt auffallen!)

Noch wenigeren ist dabei eingefallen, auf Steilhänge zu achten und deren Struktur damit zu vergleichen (gleichmäßig zertalte Steilwand bei Creutzburg an der Werra oder bei Fiesch an der Rhone u.v.a.m.). Und noch weiter davon entfernt scheint die strangförmige Aufteilung von Wasserwänden über Wehren zu sein.

Steilhang-Zertalung an der Werra (linkes Ufer unterhalb von Creutzburg)

Steilhang-Zertalung an der Rhone (linkes Ufer bei Fiesch)

Aronstab unter den Kalkfelsen der Werra: Diese einfache Form wird im Fruchtstand dann eine auffallende Struktur haben!

Versuchen wir es zuerst mit einer rein qualitativen Betrachtung. Ist die Zykloiden-Mäander einzusehen?

Auf den ersten Blick scheint es so, denn das auflaufende Wasser kommt schnell und ebnet kleine Strukturen ein, während das ablaufende Wasser Zeit hat, den günstigsten Weg (Reste einer alten Struktur) zu finden und zu verstärken (zu vertiefen). Diese „Zeit“ könnte im Zusammenhang mit der Wellenlänge (als dem seitlichen Korrelationsabstand analog dem Störungsabstand der Riffel) der Struktur stehen. Ihre Stabilität könnte mit der Wellenrichtung zusammenhängen.

Schema für auflaufendes Wasser (Draufsicht mit Isohypse, d.h. Höhenlinie der Minibucht!)

Schema für ablaufendes Wasser (wieder Draufsicht mit Isohypse)

Schema für Wasserzyklus (Draufsicht)

Gemäß unserer Vorstellung von „stationärem Zustand“, dass nämlich die Konstanz eines Zustands auf der Konstanz von Strömen beruht, sind hier zwei Sand-Ströme im Zeitmittel gleich groß: Der Sandabbau im Tal (Talvertiefung) bei ablaufendem Wasser und der Sandaufbau im Tal (Talverflachung) bei auflaufendem Wasser.

Jeder hat schließlich als Kind sich schon gewaltig geärgert, dass es ihm nicht gelungen ist, einen Hafen für sein kleines Holzschiff zu bauen, der Verbindung zum „offenen Meer“ halten kann: Immer wieder kam eine Welle und hat die Einfahrt durch Abbau der Einfahrtwände verflacht! (Man hätte das daneben auflaufende Wasser von hinten in den Hafen lenken müssen, damit es ablaufend die Einfahrt vertieft, wie es bei größeren Strandseen – „kleine warme Ostsee!“ – ja auch ganz von allein funktioniert hat, aber: Dann wäre das Schiffchen ja abgehauen! Unlösbar, heul-heul.)

Gemäß unserer Vorstellung von „Stabilität“, dass sie nämlich bedeutet, Störungen aktiv ausgleichen zu können, betrachten wir also eine kleine zusätzliche Zertalung oder eine fehlende und ihre Folgen, um zu begreifen, warum sich ein ziemlich konstanter Abstand zwischen den Tälern gebildet hat:

Das zusätzliche Tal erhält zu wenig Wasser für die ablaufende Vertiefung, wird also auflaufend (unabhängig von Talverteilung) leicht vernichtet.

Ein fehlendes Tal führt zu fehlender Zeit für das Querlaufen zum nächsten Tal, so dass ein stochastischer Ablauf entsteht, der durch zufällige Verwirbelung zufällige kleine Talkeime schafft, von denen einer durch Selektion (wahrscheinlich etwa ind er mitte der beiden Nachbarn) schließlich gewinnt.

Fazit der qualitativen Betrachtung:

Die Modellierung wird also spannend werden!

 

 

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