2.4.2.4 Spülsaum im Hin-und-Her der Wasserwellen
Frage:
Unterscheidet sich die Genese der manchmal zykloidenförmigen Spülsaum-Struktur am Strand wesentlich von den Sandriffeln? Kann man sie erklären oder gar modellieren?
Nur wenigen Menschen scheint es bisher aufgefallen zu sein, dass bei einer längere Zeit konstanten Dünung regelmäßige Strukturen des Spülsaums auftreten. (Sonst würde man bei Google mit Sicherheit Bilder davon beim Stichwort „Spülsaum“ oder „Strandlinie“ oder „Wasserlinie“ usw. usf. finden.)
(Irgendwann habe ich das schon fotografiert, ich muss es nur noch finden! Manchmal sammeln sich in diesen kleinen Ablaufkanalbuchten durch natürliche Sortierprozesse auch Teilchen anderer Dichte mit anderer Farbe, so dass sie doppelt auffallen!)
Noch wenigeren ist dabei eingefallen, auf Steilhänge zu achten und deren Struktur damit zu vergleichen (gleichmäßig zertalte Steilwand bei Creutzburg an der Werra oder bei Fiesch an der Rhone u.v.a.m.). Und noch weiter davon entfernt scheint die strangförmige Aufteilung von Wasserwänden über Wehren zu sein.
Versuchen wir es zuerst mit einer rein qualitativen Betrachtung. Ist die Zykloiden-Mäander einzusehen?
Auf den ersten Blick scheint es so, denn das auflaufende Wasser kommt schnell und ebnet kleine Strukturen ein, während das ablaufende Wasser Zeit hat, den günstigsten Weg (Reste einer alten Struktur) zu finden und zu verstärken (zu vertiefen). Diese „Zeit“ könnte im Zusammenhang mit der Wellenlänge (als dem seitlichen Korrelationsabstand analog dem Störungsabstand der Riffel) der Struktur stehen. Ihre Stabilität könnte mit der Wellenrichtung zusammenhängen.
Gemäß unserer Vorstellung von „stationärem Zustand“, dass nämlich die Konstanz eines Zustands auf der Konstanz von Strömen beruht, sind hier zwei Sand-Ströme im Zeitmittel gleich groß: Der Sandabbau im Tal (Talvertiefung) bei ablaufendem Wasser und der Sandaufbau im Tal (Talverflachung) bei auflaufendem Wasser.
Jeder hat schließlich als Kind sich schon gewaltig geärgert, dass es ihm nicht gelungen ist, einen Hafen für sein kleines Holzschiff zu bauen, der Verbindung zum „offenen Meer“ halten kann: Immer wieder kam eine Welle und hat die Einfahrt durch Abbau der Einfahrtwände verflacht! (Man hätte das daneben auflaufende Wasser von hinten in den Hafen lenken müssen, damit es ablaufend die Einfahrt vertieft, wie es bei größeren Strandseen – „kleine warme Ostsee!“ – ja auch ganz von allein funktioniert hat, aber: Dann wäre das Schiffchen ja abgehauen! Unlösbar, heul-heul.)
Gemäß unserer Vorstellung von „Stabilität“, dass sie nämlich bedeutet, Störungen aktiv ausgleichen zu können, betrachten wir also eine kleine zusätzliche Zertalung oder eine fehlende und ihre Folgen, um zu begreifen, warum sich ein ziemlich konstanter Abstand zwischen den Tälern gebildet hat:
Das zusätzliche Tal erhält zu wenig Wasser für die ablaufende Vertiefung, wird also auflaufend (unabhängig von Talverteilung) leicht vernichtet.
Ein fehlendes Tal führt zu fehlender Zeit für das Querlaufen zum nächsten Tal, so dass ein stochastischer Ablauf entsteht, der durch zufällige Verwirbelung zufällige kleine Talkeime schafft, von denen einer durch Selektion (wahrscheinlich etwa ind er mitte der beiden Nachbarn) schließlich gewinnt.
Fazit der qualitativen Betrachtung:
- Wir haben es mit einer natürlichen Taktung durch den Wellenschlag zu tun, die aber nach vielen Wellenschlägen zu zeitlich gemittelt sich aufhebenden Sandströmen führt. Die Rückkopplung des Prozesses geschieht durch die Sandform als Integral der Sandströme, die wiederum von der Wasserbewegung verursacht werden, die durch die Sandform umgelenkt wird: Die Wirkungskette schließt sich zum Wirkungskreis.
- Eine Unterscheidung zu den Sandriffeln unter Wasser ist formal gering, wenn man auch dort von einem Hin-und-Her des Wassers ausgeht und also von keinem resultierenden Sandtransport nach der Einstellung des stationären Zustands. Eine Unterscheidung von den Windriffeln ist aber klar und deutlich, denn diese sind selbst im stationären Bewegungszustand wie Oberflächenwellen einer Flüssigkeit!
- Eine Unterscheidung zur Steilhangzertalung oder zur Zertalung überhaupt ergibt sich schon durch die dortige zeitliche Gleichsinnigkeit der Ströme. Dort ist der neigungsabhängige (und damit ablagerungsabhängige) Gegensatz vom Zusammenfluss im Gebirge und Zerteilung im Delta interessant.
Die Modellierung wird also spannend werden!
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